Viele Strafjuristen haben Schwierigkeiten damit, die sich aus Schwarzlohn in bestimmter Höhe ergebenden verkürzten Sozialversicherungsbeiträge – den sogenannten Beitragsschaden – zu berechnen. Strafverteidiger, Staatsanwälte und Richter verlassen sich zu häufig auf die Berechnungen des Zolls bzw. der Deutschen Rentenversicherung und vergeben sich damit der Möglichkeit, die häufig vorhandenen Fehler zu erkennen.

Eine mathematische Besonderheit bei der Berechnung des Beitragsschadens aus einem bekannten Schwarzlohn, die für Juristen erfahrungsgemäß herausfordernd ist, folgt aus § 14 Abs. 2 S. 2 SGB IV. Danach gilt:

„Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.“

Der Schwarzlohn ist also als Nettolohn anzusehen. Die Bemessungsgrundlage für die Sozialversicherungsbeiträge ist aber der Bruttolohn. Daher muss anhand der bekannten Beitragssätze aus dem Schwarzlohn (= Nettolohn) der Bruttolohn ermittelt werden. Eine vereinfachte Berechnungsmethode im Strafverfahren geht hierbei bei einem konstanten Lohnsteuersatz von 14 Prozent aus (wenn die Daten der einzelnen schwarz beschäftigten Arbeitnehmer und insbesondere deren Lohnsteuerabzugsmerkmale nicht bekannt sind):

 

Sozialversicherungsbeitrag Arbeitnehmeranteil
Krankenversicherung (KV)

(allgemeiner Beitragssatz) 14,6 %

7,30 %
Durchschnittlicher Zusatzbeitragssatz 1,7 % 0,85 %
Rentenversicherung – West (RV) 18,6 % 9,3 %
Arbeitslosenversicherung – West (AV) 2,6 % 1,3 %
Pflegeversicherung (PV) 4,0 % (kinderlos) 2,3 %
Zwischensumme 21,05
Lohnsteuer (Eingangssteuersatz Lohnsteuerklasse VI) 14 %
Summe 35,05 %

Da die Arbeitnehmerbeiträge und die Lohnsteuer 35,05 % des Bruttolohns ausmachen, beträgt der verbleibende Nettolohn (100 – 35,05 =) 64,95 % des Bruttolohns. Der Faktor zur Berechnung des Bruttolohns aus dem Nettolohn beträgt also ca. (100 /  64,95 =) 1,53964.

Wenn beispielsweise 1.000 Euro Schwarzlohn gezahlt wurden, sind die verkürzten Sozialversicherungsbeiträge aus einem Bruttolohn von 1.539,64 Euro wie folgt zu berechnen:

Arbeitnehmeranteil

Beitragsart Beitragssatz Betrag
KV 7,30 % 112,39 €
KV Zusatz 0,85 % 13,09 €
RV 9,3 % 143,19 €
AV 1,3 % 20,02 €
PV 2,3 % 35,41 €
  Summe 324,09 €

Arbeitgeberanteil

Beitragsart Beitragssatz Betrag
KV 7,30 % 112,39 €
KV Zusatz 0,85 % 13,09 €
RV 9,3 % 143,19 €
AV 1,3 % 20,02 €
PV 1,7 % 26,17 €
  Summe 314,86 €

Der Beitragsschaden einer Tat nach § 266a Abs. 1 StGB beträgt hier 324,09 Euro (Arbeitnehmeranteil), der Beitragsschaden einer Tat nach § 266a Abs. 2 StGB beträgt 314,86 Euro (Arbeitgeberanteil), in Summe also 638,95 Euro. Jeder Euro Schwarzlohn schlägt sich also in verkürzten Sozialversicherungsbeiträgen von ca. 64 Cent  nieder. Hieraus folgen die schnell sehr hohen Schadenssummen in Strafverfahren wegen Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB.

Daneben wäre im Beispiel von der Hinterziehung von Lohnsteuer in Höhe von 215,55 Euro auszugehen (vereinfachte Schadensberechnung ohne Progression, wie sie bei nicht einzeln ermittelbaren Schwarzarbeitnehmern Anwendung findet).

Ein Beitragsschaden von etwa 64 Prozent des gezahlten Schwarzlohns bietet in Strafverfahren wegen § 266a StGB einen ersten Orientierungswert, wenn etwa zunächst der Vorwurf der Verwendung von Scheinrechnungen in einem bestimmten Umfang im Raum steht. So kann nach Abzug von 10 Prozent “Provisionen” von der Summe der Scheinrechnungen und Multiplikation des sich ergebenden Betrages mit 0,64 der im Raum stehende Beitragsschaden näherungsweise bestimmt werden.

Ähnliche Beiträge